Kurs 8-3: Strukturen, die entlasten

Strukturen

 

 

Wie schafft man einen Rahmen, der sich sowohl für die Struktur des Meetings als auch für das Harvesting als hilfreich erweist?

Das schauen wir uns nun genauer an.

 

 

Regeln beim Einstieg

Jede soziale Interaktion folgt gewissen „Spielregeln“. Je klarer diese allen Beteiligten sind, umso weniger kommt es zu unangenehmen Situationen oder Missverständnissen in der Zusammenarbeit. Klären Sie gleich zu Beginn der Veranstaltung, wie der soziale und organisatorische Rahmen aussieht.

  • Wie kann/soll man sich zu Wort melden – mit Audio, über den Chat, mit Handzeichen?
  • Wann werden Fragen beantwortet? Gibt es dafür Zeitfenster oder kann man jederzeit eine Frage stellen?
  • Wie wird dokumentiert, was muss man selbst mitschreiben?
  • Wer hat welche Rolle und soll sich wie ins Geschehen einmischen?
  • Wie soll das mit Audio/Kamera gehalten werden? Ein/ausschalten – was heißt das im aktuellen Kontext?
  • Wie wird die Zeitplanung vorgenommen, wer achtet darauf? (Time-boxing)
Exkurs: Time-boxing

Kennen Sie das auch? Sie planen eine Veranstaltung, haben viel vor und am Ende konnten Sie nur einen Bruchteil dessen umsetzen? – Weil Sie sich verzettelt haben, weil die Diskussion zu lange gedauert hat … .
Hier setzt “Time-boxing” an, ein Begriff aus dem Zeitmanagement, bei dem den einzelnen Aufgaben/Schritten eine fixe Zeitdauer zugeordnet wird und definiert, welche Art von Ergebnis am Ende der Zeiteinheit herauskommen soll.Um das konsequent auch umzusetzen, braucht es auf der einen Seite bei der Planung eine klare Zielsetzung und auf der anderen Seite oft gute Hilfsmittel, die die Moderation bei der Umsetzung unterstützen. Das kann z.B. ein Wecker, ein Timer am Handy etc. sein, der bimmelt, wenn die geplante Zeit abgelaufen ist. Es gibt auch im Internet zahllose Timer, die man für alle sichtbar mitlaufen lässt z.B. https://www.timeanddate.com/timer/ . Auch in Präsentationen kann man solche Timer direkt einbauen.

Zeitmanagement bei Kleingruppenarbeiten

Im Vergleich zu Präsenzveranstaltungen kann man Kleingruppenarbeiten online sehr praktisch und zeiteffizient durchführen, da die Gruppen von der Moderation zentral beendet werden können. Allerdings hat man als Moderator:in wenig Information über den Prozess in den einzelnen Gruppen. Oft fühlen sich die Teilnehmenden durch das Beenden der Gruppen zu abrupt aus einer Diskussion herausgerissen. Deshalb ist es umso wichtiger, klare Anweisungen zu geben, wie lange die jeweilige Gruppenarbeit dauert und die Gruppen nochmal zeitgerecht darüber zu informieren, wie lange sie noch Zeit haben.

Rollen

Klare Zuweisung von Rollen und Aufgaben ist ein Strukturelement, das gerade in Online-Sessions sehr hilfreich ist. Holen Sie sich als Veranstalter:in – als sogenannter Host – wenn möglich ein/e Co-Moderator:in, einen Co-Host zur Seite, die Sie bei der Gestaltung der Veranstaltung unterstützt.
Hier ein möglicher Vorschlag, wie man sich die Aufgaben aufteilen könnte – adaptieren Sie diese nach Ihren Anforderungen:

Host / Hauptmoderation /Trainer:in
  • Stellt Klarheit her über Ablauf, gibt Orientierung und stellt die einzelnen Arbeitssequenzen vor
  • Führt durch die Session, hat inhaltliche Hauptverantwortung
  • Hat die Zeit im Blick und definiert Dauer von Arbeitssequenzen, Pausenbedarf und Länge
  • Hat Verantwortung für die Energiedynamik und ändert gegebenenfalls den Ablauf
Co-Host / Co-Moderation
  • Öffnet Online-Raum, organisiert den Warteraum
  • Ev. technischer Check-in
  • Überprüft laufend Chat und Signale der Teilnehmenden
  • Führt, wenn notwendig, Mitschriften in der Plenarrunde
  • Organisiert Break-out Sessions
  • Übernimmt ev. zeitweise die Moderation (Abwechslung)
Strukturvorschlag: SPQR

Es gibt einige bewährte Strukturmodelle. Eines davon ist SPQR. Wer hier an Asterix oder die Römer erinnert wird: zurecht – SPQR war das Hoheitszeichen des antiken Roms ;-). Hier aber wird es in einem anderen Zusammenhang benutzt, nämlich als strukturgebende Abkürzung.
Mit diesem Kürzel kann man ein gerade Online-Sessions, die ja meist ein enges Zeitfenster haben, hervorragend strukturieren. Man informiert am Anfang über den Ablauf und führt dann durch die 4 Phasen:

S – steht für “situation”: Worum geht es? Was ist die Ausgangslage?
P – steht für “problem”: Woran wollen wir arbeiten? Ist es klar definiert?
Q – steht für “question”: Fragestellung; Was ist der konkrete Auftrag? Wo wollen wir hin? Was wollen wir schaffen?
R – steht für “response”: Antwort; So geht es

Sqpr Grafik
Diese Phasen werden von einer Einstiegsphase „Hi“ (Abholen der Teilnehmer:innen) und einer Schlusssequenz „Bye“ (Feedback oä)  ergänzt. Je nachdem worum es geht, können die einzelnen Phasen natürlich unterschiedlich lang dauern, der Schwerpunkt einer Arbeits-Session sollte jedoch auf der Phase 4 “response” liegen. Diese sollte besonders gut dokumentiert werden, weil hier ja die Lösung erarbeitet wird, die danach umgesetzt werden soll.
Quelle: Norma Graf / Ruth Wiederkehr: Zu schlau für das Publikum? Eine Anleitung zu verständlichen Präsentationen im technischen Umfeld. www.normagraf.ch und www.ruthwiederkehr.ch

Struktur-Boot

Auf große Fahrt gehen, um einen guten Fang zu machen – das Struktur-Boot ist eine Struktur, die besonders gut bei Workshops, längeren Meetings oder komplexeren Veranstaltungen (nicht nur online) eingesetzt werden kann. (Idee nach Dick Axelrod, http://axelrodgroup.com/meeting-canoe/) Es symbolisiert mit der Metapher des Fischerbootes, dass es sich auszahlt,

  • alle ins Boot zu holen (soziale Struktur geben),
  • ein Werkzeug parat zu haben, um den Fang (die Ergebnisse) sichern zu können (Ergebnissicherungsstruktur) und
  • das Boot gekonnt ans andere Ufer zu steuern (starke Moderationsstruktur).

StrukturbootBeispiel für so einen Ablauf inklusive Harvesting-Ideen: 

  • Ankommen / Orientierung geben

Man beginnt damit, alle ins Boot zu holen – gibt Orientierung, gibt Struktur vor und heißt willkommen. Dokumentation: z.B. Screenshot, der alle Teilnehmenden mit ihrem freundlichsten Begrüßungslächeln zeigt. So ein Screenshot erzeugt automatisch Verbindung und auch Verbindlichkeit – und ist ein Hingucker fürs Protokoll danach.

  • Einstieg/Ankoppeln

Dann gilt es, alle mit dem Thema in Verbindung zu bringen und das Andocken an die Interessen und Erwartungen der Teilnehmenden sicherzustellen. Dokumentation: Startpunkt, von dem aus man startet und welche Fragestellung in genau diesem Treffen behandelt werden soll. Diesen Fokus erreicht man mit einer kurzen Abfrage, einer Wortwolke zum Thema oder einem Statement im Chat.

  • Verstehen / Input, Problem darlegen 

Je nach Anlass der Session – ob Standard-Meeting, Projektworkshop etc. bringt man in dieser Phase die nötigen Infos, die Fragestellung, die Herausforderung, die es zu lösen gilt, ein. Dokumentation: Diese ist meist schon verschriftlicht, kann also gut geteilt werden. Beachte: Sind alle gut dabei – also noch im Boot? Checken Sie das mit Zwischenabfragen, die die Teilnehmenden direkt kommentieren können.

  • Bearbeiten/Entwickeln möglicher Lösungen 

In der Bearbeitungsphase hat man online sehr viele Möglichkeiten der Interaktion und des Austausches – das ist auch die entscheidende Phase fürs Harvesten: Denn nun können alle in vorbereitete und vorstrukturierte gemeinschaftlich genutzte Dokumente oder Whiteboards direkt hineinarbeiten. Und indem man die Bildschirme teilt, können die einzelnen Ergebnisse präsentiert werden.

  • Entscheiden / Lösungen priorisieren und next steps

In dieser Phase wird der „Fang“ aufgeteilt – die Ergebnisse und Entscheidungen müssen ja in den beruflichen Alltag integriert werden. Hier gilt es, die weitere Vorgangsweise, die nächsten Schritte und die Verantwortlichkeiten festzuhalten. Dieser „call to action“ sollte auf jeden Fall für alle nachvollziehbar verschriftlicht, also dokumentiert werden sollte.

  • Abschließen / Feedback

Sich um einen guten sozialen Abschluss zu bemühen, zahlt sich in jeder Session, in jedem Meeting, in jedem Training aus – und online geht das besonders leicht und schnell. Denn Feedbacks zum Prozess, zur Zusammenarbeit oder Zufriedenheit sind über Online-Tools ansprechend darstellbar – z.B. mit den Reaktionsbuttons oder noch wirkungsvoller als action-reiche Variante – humorvoll anmoderierte jubelnde Gesten aller Teilnehmenden bringen Bewegung rein und sichern einen stimmungsvollen Abschluss. Diese Vorgehensweise hat einen tollen Nebeneffekt – der etwas überraschend klingen mag:

Je klarer Sie Ihre Online-Session im Vorfeld durchstrukturiert haben, desto flexibler werden Sie auf notwendige Abweichungen vom Plan reagieren können. Denn mit der Struktur im Kopf, sind Sie in der Session souverän in der Lage, die einzelnen Phasen entsprechend zu variieren oder klar anzusprechen, dass etwas aufs nächste Mal verschoben werden muss.

Strukturboot EndeUnd das ist gerade in den sehr begrenzten Zeitvorgaben, die wir für Online-Sessions meistens haben, ein Riesenvorteil!

Viel Erfolg beim Harvesting!

  • Tipp: Struktur in der Planung bringt Flexibilität im Tun

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